Im folgenden finden Sie das Sendemanuskript zur Sendung “Leverkusen in den 50ern” und der Folge über die “Arbeit”. Die Ausschnitte wurden in der Stadtbibliothek Leverkusen aufgenommen, die die Gesprächsreihe auch zusammen mit dem Stadtarchiv Leverkusen organisierte. Aufgezeichnet wurde die Reihe von der Arbeitsgemeinschaft Bürgerfunk e.V. Hören Sie hier die gesamte Sendung.
20:11 Uhr 1. Take
In den letzten Monaten fand die Reihe “Als wir noch jung waren, Leverkusen in den 50ern” in der Stadtbibliothek statt. Die Bibliothek und das Stadtarchiv luden Leverkusener aus den 50ern ein, um aus der Zeit zu erzählen. In einer der Runden ging es um das Thema “Arbeit” zu der Zeit in Leverkusen. Karl-Heinz Zimmer fing in den 50ern an zuarbeiten und kann sich noch gut an seine Arbeitseinstellung erinnern:
1 Zimmer
“Damals war man also im Prinzip froh, wenn man überhaupt eine Lehrstelle kam und hat die Einstellung gehabt: man muss etwas tun. Es geht ja auch dann immer um die Familie, die ernährt werden muss. Ich war der Älteste, meine Mutter war alleine mit vier Kindern, ich musste also ran, ich muss Geld verdienen”.
Dafür gab es für jeden, der damals auch arbeiten wollte, eine Möglichkeit, arbeiten zu gehen. Denn neben den gelernten Fachkräften gab es auch Hilfsarbeiter, die eingestellt wurden. So erlebte es Karl-Heinz Zimmer bei Bayer in den 50ern.
2 Zimmer
“Entweder war es jemand der also keinen Schulabschluß hatte und froh war, eine Hilfstätigkeit durchzuführen. Oder es war jemand, der nicht mehr konnte. Dann bekam der eine Tätigkeit in der Werkstatt als Lagerbeauftragter oder eben in der Kaffeebude sauber macht und dafür sorgte, dass die Duschen in Ordnung und sauber waren. Es gab in jedem Betrieb Leute, die also helfend tätig waren.”
Trotzdem spürte man in den 50ern noch die Auswirkungen des Krieges. Im Ausbesserungswerk in Opladen arbeitete man an der freien Luft, obwohl man Mauern um sich rum hatte. Das hören wir gleich in ungefähr sieben Minuten.
20:20 Uhr 2. Take
Arbeiten in den 50ern bedeutete auch, unter Umständen mit dem zu leben, was noch vom Krieg übrig war. Davon konnte auch Hans Kürten bei der Veranstaltung “Leverkusen in den 50ern” erzählen. Er arbeitete im Bahnausbesserungswerk in Opladen – gleich nach dem Krieg unter freiem Himmel.
3 Kürten
“Ich war erstaunt: es waren keine Dächer auf den Hallen. Alles war frei und es war kalt im Winter und wenn man morgens von zuhause zur Arbeit ging und es hatte geschneit, dann musste man erstmal 10 cm Schnee von den Werkbänken schippen, damit man arbeiten konnte”.
So war man dann jederzeit den Witterungen während der Arbeit ausgesetzt. Aber nicht nur bei dem, was aus den Wolken von oben kommt.
4 Kürten
“Natürlich war die Bude auch den ganzen Tag kalt. Weil eben keine Heizung vorhanden war. Dann hatte man eben Benzinfässer, die hatte man oben abgeschnitten, mit Kohle befeuert und da wurde sich dann zeitweise erwärmt an diesen Dingern. Und da wurde bei gearbeitet. Und ob Sie es glauben oder nicht,wir haben das sehr gerne getan und ich bin auch gerne arbeiten gegangen”.
Und das, obwohl an eine 5-Tage-Woche noch gar nicht zu denken war. Wie die Arbeitszeiten aussahen, das hören wir gleich gegen halb.
20:30 Uhr 3. Take
Arbeiten in den 50ern, das bedeutete behelfsmäßige Arbeitsplätze und die 6-Tage-Woche. Hans Kürten kann sich noch gut an seine Arbeitszeiten im Bahnausbesserungswerk in Opladen erinnern.
5 Kürten
“Samstags wurde bis zwei Uhr gearbeitet, an Weihnachten, Heilig Abend, das weiß ich noch, bis zwei Uhr und dann war Schluß. Bis dahin musste man dann aber da sein. Von daher war das eine sehr starre Sache. Überstunden gab es noch nicht zu der Zeit.”
Noch längere Arbeitszeiten gibt es natürlich immer, wenn man ein eigenes Unternehmen hat. Das war auch schon damals so. Der Vater von Klaus Grein führte ein Busunternehmen und da war gerade am Wochenende viel zu tun, so dass wenig Zeit für die Familie blieb.
6 Grein
“Ich kann mich ganz ganz selten erinneren, dass ich mit meinen Eltern eine private Zeit gehabt habe. Ganz wenige Stunden erinnere ich mich, dass wir mit unserem damaligen Schäferhund auf dem Damm an der Dhünn spazieren gegangen sind. Aber wieso mein Vater da Zeit hatte, kann ich nach der langen Zeit nicht mehr sagen, aber es gab eigentlich keine Freizeit.”
Wíe es sich für ein Familienuntenehmen gehört, dürfte Herr Grain früh mit anpacken.Der Höhepunkt war dann, als er zum jüngsten Reiseleiter Deutschlands wurde.
7 Grain
“Irgendann krigte ich dann mal gesagt. Da sind Osterferien und dann bereite dich mal darauf vor. Du krigst einen vernünftigen Fahrer mit der die Strecke kennt, aber Erklärungen musst du abgeben. Und dann habe ich mit 14 Jahren meine erste Reiseleitung gemacht auf einer 3-Tage-Fahrt”
20:40 Uhr 4. Take
In den letzten Monaten gab es regelmäßige Gesprächsrunden in der Stadtbibliothek mit Leverkusenern über die 50er Jahre in unserer Stadt. Beim Thema Arbeit ging es dabei nicht nur darum, was war, wenn man arbeiten war, sondern auch, wenn man mal krank war. Während man heute gut abgesichert ist, war es damals vor alle nur mit viel Initiative des Betriebs und der Kollegen möglich, gut über die Runden zu kommen. So erinnert sich auch Theo Bick, der damals bei Wuppermann in Schlebusch arbeitete.
8 Bick
“Es gab damals ja auch im Krankheitsfalle erstmal drei Karenztage. Dann nach sechs Wochen war der Mann ausgesteuert. Dann gab es kein Geld mehr. Und dann gab es bei Wuppermann eine Werksfürsorge. Nach sechs Wochen konnte der Kranke dann kommen, dann bekam er 50 Mark Überbrückungsgeld. Aber die Kollegen, als zum Beispiel unsere Werkstatt damals, die sammelten dann, damit die über die Runden kamen. Das war eine harte Zeit.”
Das hatte dann aber auch zur Folge, dass man wirklich erst nicht mehr arbeiten ging, wenn es auch wirklich überhaupt gar nicht mehr ging, erinnert sich auch Klaus Grein:
9 Grein
“Aber der Krankheitsstand, wie er dann später war, weil das soziale Netz den Kranken ja auch aufgefangen hatte, der war auch nicht so hoch gewesen. Also für einen Husten hatte sich niemand krank schreiben lassen.”
20:45 Uhr 5. Take
Leverkusenern in den 50ern, so hieß eine Veranstaltung in der Stadtbibliothek, in der viel über die 50er in Leverkusen zu erfahren war. So gab es im Bayerwerk neben den Betrieben zur Produktion auch Dienstleistungsbetriebe für die Arbeiter. Zum Beispiel ein Frisör, einer der Orte, wo man gemütlich rauchen durfte, erinnert sich Karl-Heinz Zimmer, der damals im Werk arbeitete.
10 Zimmer
“Es gab also Leute, die für den Frisör drei oder vier Stunden brauchten. Und irgendwann kam das mal jemanden zu Ohren, der etwas zu sagen hatte, und der hat sich dann mal mit da rein gesetzt und hat dann mitgekriegt, wie da Leute saßen. “jaja, geh schon mal vor” und auf diese Zeit also ihre Arbeitszeit verbummelten und da wurde der Frisör natürlich geschlossen.
Und mit dieser kleinen Annekote beenden wir heute auch den Rückblick in die 50er. Es gab Ausschnitte aus einer Veranstaltungsreihe der Stadtbibliothek und des Stadtarchiv Leverkusen, aufgezeichnet von der Arbeitsgemeinschaft Bürgerfunk. Nächste Woche geht es um die gleiche Zeit um das Thema “Einkaufen in den 50ern”. Ich bin Sebastian Jarmuzek.